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Schwangerschafts-konflikt

Der Schwangerschaftskonflikt

Aus meiner persönlichen Erfahrung habe ich gelernt, wie wichtig es für die betroffenen Frauen ist, zunächst den Weg zu sich selbst, zu ihrem eigenen seelischen inneren Kind zu finden. Dann eröffnet sich auch ein Weg zu der Schwangerschaft und dem Baby, welches nun im Bauch der Schwangeren heranwächst.

Der Weg zum eigenen inneren Kind wird zum Weg zum Kind im Bauch. Die Klientin selbst findet ein JA zur Situation und ein JA zum Kind. Das ist das größte Geschenk an die Frau und ihr Kind. Wenn dieser Prozess in Gang gesetzt wird, können wir die Frau in der Schwangerschaft, bei der Geburt und der weiteren wöchentlichen oder monatlichen Begleitung stützen und fördern. So kann es auch gelingen, dass der Prozess des generationsübergreifenden Abtreibungstraumas unterbrochen wird.

Seit 10 Jahren arbeite ich im Bereich der Schwangerschaftskonfliktberatung. Es ist nicht selten, dass jede dritte Schwangere selbst ein unerwünschtes Kind ist und/oder eigene Erfahrungen als Abtreibungsüberlebende durchlebt hat. (siehe Abtreibungsüberlebende)

Diese Frauen leben seit ihrer Entstehung mit ihrem eigenen Leben und in der Beziehung zur Mutter im Schwangerschaftskonflikt. Der Vater und auch Angehörige der Frau sind sehr häufig mit involviert und nehmen einen großen Teil in der Familiendynamik ein.
Die Frauen leben oft "unbewusst" mit der Familie im „Schwangerschaftskonflikt“, da dieser nie aufgeklärt werden konnte oder sollte.

Welcher Zusammenhang besteht nun zwischen der erlebten traumatischen Erfahrungen der Schwangeren und ihrem eigenen Konflikt?

Es besteht oft der Wunsch, mit einer Abtreibung den eigenen Konflikt zur Mutter und deren Übermacht zu durchbrechen. Die Klientin will diese Dysfunktion unterbrechen. Sie erhofft sich mit der Abtreibung und der Unterbrechung dieser Schwangerschaft ein ENDE ihrer eigenen seelisch Qualen.

Ihr ständiger Wunsch, der eigenen Mutter zu gefallen, würde vielleicht in Erfüllung gehen, wenn sie selbst abtreibt. Sie hätte dann das zu Ende gebracht, was die Mutter immer tun wollte. Würde die Schwangere das Kind austragen, könnte die verheerende Möglichkeit bestehen, dass  das unerwünschte und abgelehnte Leid weitere vernichtende traumatische Erlebnisse begünstigt.
Das Leid, welches die Schwangere im Konflikt zu beenden wünscht, würde nie ein Ende nehmen.

Dieser Kreislauf kann unterbrochen werden!

Wenn sich die Schwangere mit sich selbst, mit ihrer eigenen Vergangenheit und mit ihrer Not offen auseinandersetzt, erschließt sich ihr meist ein Aha-Erlebnis. Sie kann dann selbst die Schwangerschaft aus einem anderen Blickwinkel sehen und findet so zu ihrem eigenen persönlichen Lösungsweg. Genau das geschieht oft bei über 80% der Frauen, die zur Beratung kommen. Sie ergreifen ganz von selbst die angebotenen Hilfeleistungen und beginnen, ihre Zukunft mit dem Kind zu sehen. Sie verinnerlichen, dass sie ihrer Situation gar nicht so hilflos gegenüberstehen, sondern nun mit dem Kind ihr Leben selbstbestimmt und neuorientiert planen können und wollen.

Es gehört viel Mut dazu und auch die Kraft, sich der scheinbar übermächtigen Vergangenheit zu stellen und diese mit der neu gewonnen Wahrheit zu überschreiben. Dies kann gelingen, wenn die Schwangere dies für sich selbst erkennt und weiterhin begleitet wird.

Frauen die ihre eigene Abtreibung (im Leib der Mutter) überlebt haben und in keinen Schwangerschaftskonflikt geraten, weil sie gerne Mutter geworden sind erzählen mir, dass sie jedoch froh gewesen sind, als sie in späteren Jahren eine Hysterektomie (Gebärmutterentfernung) vollzogen haben. Der Wunsch, sich selbst zu befreien, den Kontaktabbruch auf diese Weise zur eigenen übermächtigen Mutter zu vollziehen und auch präventiv vorzubeugen, dass es nie zu einer ungeplanten Schwangerschaft kommt, erwirkt bei diesen Betroffenen ein Gefühl von Frieden, obgleich das Gefühl der Scham und Trauer einsetzt.

Es ist fast ein identisches Erleben zur Abtreibung. Erst kommt das Gefühl der Erleichterung, welches unverzüglichen mit dem Gefühl der Scham und der Trauer überwältigt wird. Diese Erfahrungen und das Erleben im Schwangerschaftskonflikt, lässt sich aus meiner Erfahrung nicht trennen.

Abtreibungsüberlebende sind nicht seltener betroffen in einen Schwangerschaftskonflikt zu geraten, sind aber nach meiner Auffassung weniger beschirmt als andere.

Andrea Müller-Latendorf

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